Thursday, November 26, 2009

Alles ruhig über'm Moor

Man möchte meinen eine kosmische Katastrophe wie sie vom Chiemgau Impakt Team postuliert wird, hinterließe nachweisbare Spuren auch in den Chiemseefilzen. Neben den Seesedimenten des Chiemsees wären die Moore ja ideale Archive des Geschehens, da sie relativ schnell wachsen und zudem gut datierbar sind.

Glücklicherweise legt Schmeidl (1977) in den Erläuterungen des 1:25000 Kartenblatts Traunstein eine schöne Zusammenfassung einiger Untersuchungen an Moorprofilen rund um den Chiemsee vor. Besonders interessant sind hierbei zwei Profile aus den südlichen Chiemseemooren. Beide Profile umfassen zwischen etwa 5 und 7 Meter Moor und reichen einige Tausend Jahre in die Vergangenheit zurück. Daneben sind in dieser Arbeit Profile aus dem Schwarzelmoos bei Chieming und aus den Gramsen bei Hirschau beschrieben.

Um es gleich vorwegzunehmen: Nein, hier sind keine Regmaglypten ins Moor gefallen und es ist auch keine Brekzien-, Aschenlagen etc. dokumentiert. Vielmehr zeichnen sich diese Profile durch die Abwesenheit von sedimentologischen Auffälligkeiten aus.

Die Moorprofile aus dem Schwarzelmoos und den Gramsen sind in den jüngeren Bereichen leider nicht gut datiert und weisen dort weniger gut erhaltene oder stark flüssige Bereiche auf. Beide zeigen keinerlei ungewöhnlichen Einlagerungen.
Profil I (Abb. links) aus den südlichen Chiemseemooren zeigt im oberen Bereich etwa 2,8 Meter ungestörten Torf, erst dann macht sich eine Aschenlage bemerkbar. In diesem oberen Bereich liegen zwei C14 Datierungen vor. Eine bei etwa 60 cm, die ein Alter von etwa 756 n. Chr. ergab eine weitere Datierung bei ca. 1,8m lag schon bei etwa 2844 v. Chr.
Profil II (Abb. rechts) der südlichen Chiemseemoore bietet ein besonders interessantes Detail. Es umfasst nämlich die Reste eines Bohlenweges bei etwa 1,5 m Tiefe. Dieser Bohlenweg wurde auf etwa 630 v.Chr datiert. Er ist somit genau in dem Zeitraum, in dem CIRT den Zeitpunkt der kosmischen Katastrophe postulieren, entstanden. Oberhalb des Bohlenwegs finden sich ungestörter Torf und auch unterhalb der Bohlen finden sich keinerlei Auffälligkeiten. Erst bei etwa 3 Metern finden sich dann ein paar Toneinschwemmungen.

Besonders die letzten beiden Profile zeigen deutlich, dass genau in dem vom CIRT vermuteten Zeitabschnitt im Chiemsee keinerlei ungewöhnliche Ereignisse stattgefunden haben. Das Katastrophenszenario, das einen Einschlag im Chiemsee sowie einen dadurch ausgelösten Tsunami einschließt, entbehrt ganz offenbar jeder Grundlage. Es ist völlig ausgeschlossen, dass derartige Ereignisse in den Mooren der unmittelbaren Umgebung keinerlei Spuren hinterlassen haben. Über den Chiemseemooren jedenfalls herrschte Ruhe zu dieser Zeit.

Schmeidl (1977). Pollenanalytische Untersuchungen im Gebiet des ehemaligen Chiemseegletschers
. Erläut. z. Geol. Karte v. Bayern 1:25000, Bl. 8140, Prien a. Chiemsee u. Bl. 8141, Traunstein: 239 - 264.

Monday, November 16, 2009

Ecken und Kanten der Magnetometrie

Ich hadere ein wenig mit den wenigen vorliegenden Untersuchungen der Löcher im Öttinger Forst, also denen von Fehr et. al. (2005) oder Rösler et al. (2006). Und zwar wegen der Ecken und Kanten ihres Umgangs mit alternativen, sprich anthropogenen, Erklärungsmodellen, an denen man einfach hängen bleiben muss.

Ein Beispiel hierfür sind die Interpretationen der geomagnetischen Untersuchungen beider Arbeiten. Fehr et al (2005) etwa stellen in ihrer Arbeit im wesentlichen Ergebnisse geophysikalischer Messungen an zwei auffälligen trichterartigen Strukturen vor, den so genannten 'Kratern' 2 und 3. In beiden weisen sie gut erkennbare magnetische Anomalien nach. Nun erkennen die Autoren in den Messungen an Nummer 2 eine quadratische Form und schließen daher folgerichtig auf eine archäologischen Struktur im Untergrund. Dagegen diskutieren sie den Befund einer zentralen Anomalie in Nummer 3 recht ausführlich in Richtung extraterrestrischer Ursache.

Für letzere Messungen legen Fehr und Kollegen als Beleg auch eine graphische Darstellung der Ergebnisse vor (Fig 7, Seite 192). Allerdings, wenn man sich den Kreis in der Abbildung wegdenkt, kann man auch ebenso gut eine kantige, rechteckige Struktur erkennen. Dies wird deutlich, wenn man die dunklen Bereiche im weißen Kreis betrachtet. Zur Orientierung eine Skizze, der Kreis entspricht dem der Abbildung von Fehr et al., die sich hier befindet.

Auch die Arbeit von Rösler enthält eine Darstellung (Abb. 6) magnetischer Messungen. Hier sehen die Autoren magnetische Anomalien im Wallbereich der untersuchten Struktur. Ich meine, auch hier kann man sogar noch deutlicher als in der Arbeit von Fehr et al. einen rechteckigen Umriß erkennen. Interessanterweise in fast perfekter N-S Ausrichtung. Auch hierzu eine Skizze, die verdeutlichen soll, was ich meine. Auch hier entspricht der Kreis dem der Originalabbildung, die man hier findet.

Beide Arbeiten führen verschiedene Gründe an, warum die untersuchten Strukturen nicht Resultat menschlichen Wirkens sein können. Ich werde darauf an anderer Stelle noch eingehen. Fehr, et. al. wagen sogar den Spagat, die von ihnen selbst belegten archäologischen Strukturen als Sekundärnutzung der kraterähnlichen Eintiefungen zu werten.

Aber auch über meine Sicht auf die Abbildungen von Fehr und Rösler et al. kann man natürlich streiten. Selbst wenn ich mit meiner Einschätzung komplett daneben liege, hoffe ich aber gezeigt zu haben, wie vorsichtig man mit solchen Analysemethoden sein sollte.

Übrigens, wenn man länger auf die Abbildung von Fehr et. al schaut, erkennt man deutlich ein Gesicht ... eine Botschaft? ;))

Zitierte Literatur:

Rösler W, Patzelt A., Hoffmann V., Raeymaekers B. (2006). Characterisation of a small crater-like structure in SE Bavaria, Germany. Proceedings of the First International Conference on Impact Cratering in the Solar System. pp 67-71

Fehr, K. T., Pohl, J., Mayer, W., Hochleitner, R., Fassbinder, J., Geiss, E., Kerscher H. (2005). A meteorite impact crater field in eastern Bavaria? A preliminary report. Meteoritics & Planetary Science, Vol. 40, p.187

Friday, November 13, 2009

Zur Entstehung der Furchensteine vom Chiemsee


Die auffälligen, von labyrinthisch gewundenen Kanälen und Löchern durchzogenen Furchensteine findet man sehr häufig an den Ufern des Chiemsees. Dort werden sie ihres Aussehens wegen auch 'Hirnstoa' (Hirnsteine) genannt. Furchensteine sind überaus weit verbreitet, so sind zum Beispiel Funde aus der Schweiz, Österreich Dänemark oder Kroatien dokumentiert. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts wurden dieses Phänomen in Schweizer Seen beobachtet und wissenschaftlich beschrieben. In den ersten Arbeiten zu diesem Thema wurden noch Muscheln oder Insektenlarven als alleinige Verursacher der Furchen angenommen. Man beobachtete aber bereits früh, dass diese Furchen stets unter einer tuffartigen, kalkigen Kruste, auf den sogenannten Krustensteinen, vorkommen. Daher vermutete man, diese Kalkkruste sei mitverantwortlich für die Entstehung der Furchen. Und tatsächlich sind die Prozesse der Krusten- und der Furchenbildung eng miteinander verknüpft.
Hauptverantwortlich für die Bildung der Kalkkrusten sind vor allem die sogenannten Cyanobakterien, die in der Lage sind selbst Kalk zu bilden. Diese Cyanobakterien sind nämlich in der Lage neben CO2 auch HCO3- zur Photosynthese zu nutzen. Dadurch erhöhen sie den pH Wert und der Alkalinität zwischen ihren Filamenten erheblich und fördern dadurch die Ausfällung von Kalk. Das funktioniert natürlich nur, wenn im Seewasser diese gelösten Karbonate auch ausreichend zur Verfügung stehen. Dafür sorgen im Chiemsee die Wässer aus den nahen Kalkalpen sowie die kalkreichen glazialen Sedimente der Umgebung und deren Verwitterungsprodukte. Daneben ist ein erheblicher Anteil der Kalkkruste aber auch durch eingefangene Partikel zurückzuführen, die sich in den Filamenten oder Schleimhülle der Cyanobakterien verfangen und zu einer zusätzlichen Verfestigung der Kruste beitragen. Das Ergebnis ist eine dichte, knollige, kalkige Kruste die sich aus kleinen Höckern und Flecken zusammensetzt, die durchaus an Miniaturriffe erinnern.
Eine gut ausgebildete, höckerige Kruste erinnert ein wenig an einen Blumenkohl. Zwischen den einzelnen ‚Röschen’ finden innerhalb der Kruste korrosive Vorgänge die besten Ansatzpunkte die zur Ausbildung des charakteristischen Furchenmusters führen. Das Substrat ist in diesen Zwischenräumen ja noch am anfälligsten, denn an der Basis der Büschel ist die Kalkkruste stärker verfestigt und bildet daher besseren Schutz.

Aus: Schneider et al., 1983
Der Prozess der Furchenbildung wird nun wieder von Cyanobakterien eingeleitet. Einige dieser an der Bildung der Kalkkruste beteiligten Organismen sind nämlich in der Lage, sich in kalkiges Gestein unter der Kruste zu bohren. Sie werden hierbei auch von einigen bohrenden Pilzarten unterstützt. Diese so genannten Endolithen schaffen damit die Vorraussetzung zur Entstehung der Furchen, da sie den Untergrund der Krusten anbohren und entscheidend schwächen. In die Kruste eindringende, weidende Tiere, wie Schnecken oder manche Larven schädigen den Untergrund dann weiter. Sie nagen quasi an den bereits gelockerten Stellen und höhlen damit die Furchen weiter aus. Zusätzlich findet in den entstandenen Hohlräumen auch anorganische Kalklösung statt. Verrottende organische Reste führen hier zu einer lokalen Versauerung der enthaltenen Wässer und entfalten damit zusätzlichen korrosive Kräfte.
Die Furchensteine vom Chiemsee sind also das Ergebnis komplexer biologischer und anorganischer korrosiver sowie biologischer abrasiver Vorgänge, die verblüffenderweise in engem Zusammenhang mit der Bildung von Kalk auf diesen Steinen stehen. Alle hier beschriebene Prozesse lassen sich am Chiemseeufer hervorragend beobachten, ein paar Bilder dazu habe ich ja bereits in einem anderem Artikel hier gezeigt. Mehr schöne Bilder von Furchensteinen aus dem Chiemsee findet der interessierte Leser im 'alles Furche oder was' Blog von Rimbao. Und hier noch eine Liste weiterführender Literatur:
Gaudin, (1865). Note sur certain galets des bords du lac de Geneve. Bull. de l. Soc.Geolog. Vaudoise.
Boysen Jensen, P. (1909).Über Steinkorrosion an den Ufern von Fureso . Int.
Rev. Ges. Hydrobiol., 2: 163-173.
Kann, E. (1941). Krustensteine in Seen. Arch. Hydrobiol., 37: 504±532.
Golubic, S. (1962). Zur Kenntnis der Kalkinkrustation und Kalkkorrosion im
Seelitoral. Schweiz. Z. Hydrobiol., 24: 229-243.
Schröder, H.G. (1982). Biogene benthische Entkalkung als Beitrag zur
Genese limnischer Sedimente. Beispiel: Attersee (Salzkammergut; Oberösterreich). Dissertation, Göttingen. 179 pp.
Schneider, J. Schröder, H.G. & Le Campion-Alsumard, T. (1983). Algal
micro-reefs : coated grains from freshwater environments. In Coated
Grains (Peryt, T.M., editor), 284-298. Springer, Berlin.
Schneider, J. & Le Campion-Alsumard, T.(1999). Construction and destruction of carbonates by marine and freshwater cyanobacteria. Eur. J. Phycol., 34: 417-426

Wednesday, November 11, 2009

Buchempfehlung: Nie mehr schlafen von Willem Frederik Hermans

Der junge Geologiestudent Alfred Issendorff wird in die norwegische Finnmark geschickt um dort die These seines Professors, die dortigen Toteislöcher seien Meteoritenkrater, zu beweisen. Ein Vorhaben, das bald in einer Katastrophe endet.

Auch wenn es im Chiemgau wesentlich weniger gefährlich zugeht als in der Finnmark, hoffe ich doch, dass nicht gerade ein Student dort herumstreift und versucht -etwa im Seeoner See?- Belege für kosmische Ursachen zu finden.


Ganz abgesehen von den offensichtlichen Pararellen zur Chiemgau-Impakt-Mania ist dieses Buch eine ganz wunderbare Lektüre.