Wednesday, May 26, 2010

Neues von der Publikationsfront

Es gibt einiges von der Chiemgau Impakt Publikationsfront zu berichten:

Kord Ernstson hat offenbar im Selbstverlag ein Buch geschrieben: Der Chiemgau-Impakt. Ein bayerisches Meteroitenkraterfeld. 80 Seiten, 40 Abbildungen, fester Einband.
ISBN 978-3-00-031128-4 Preis: 10 Euro. Mehr Informationen und Bestellung HIER

In der März Ausgabe des vergleichsweise exotischen Journal of Siberian Federal University ist der Artikel: The Chiemgau Crater Strewn Field: Evidence of a Holocene Large Impact Event in Southeast Bavaria erschienen. Ein langer Text, der ziemlich ungefiltert die Inhalte der CI Homepage zusammenfasst.

Einige der PDFs des CIRT sind jetzt von der Deutschen Nationalbibliothek hier archiviert worden. Dies mag zunächst wie eine Adelung dieser Inhalte wirken. Die DNB kommt hier aber lediglich ihrem gesetzlichen Auftrag nach, alle deutschsprachlichen Netzpublikationen zu archivieren. Dies ist sehr begrüßenswert, denn nun gibt es unveränderbare, zitierbare Quellen für die Thesen des Chiemgau Impakt Teams. Zudem wird nun auch die Urheberschaft bzw. die Autoren dieser Texte klar.

Außerdem erwartet uns wohl im Juli der erste Chiemgau Impakt Roman: Das Mysterium des Himmels: Historischer Roman
von Uwe Gardein, ISBN: 978-3-8392-1075-8

Thursday, May 13, 2010

Schon wieder Furchensteine

Auf der Chiemgau Impakt Seite sind schon wieder neue Furchensteine aufgetaucht und als Regmaglypten deklariert worden. Schon komisch, wie diese Leute auf dem Thema rumreiten.. Allerdings ist der Umgang damit immer noch etwas verschämt auf die Homepage beschränkt, in der Ausstellung in Grabenstätt wird kein einziges Exemplar gezeigt. Nach Publikationen dazu braucht man gar nicht zu suchen.

Wie weit verbreitet Furchensteine am Chiemsee sind, zeigt übrigens Rimbao in seinem Blog Furchenstein.de, in dem er sich mit Hingabe diesem Thema widmet.

Monday, May 3, 2010

Der Chiemsee als Archiv und warum dort kein Kometeneinschlag verzeichnet ist

Seit dem Rückzug des Inn-Chiemseegletschers und der Bildung des endgültigen Chiemseebeckens wurden dort in den folgenden Jahrtausenden laufend allerlei Materialien abgelagert, die für den Erdwissenschaftler einen echten Schatz darstellen.
Die Quellen für diese Ablagerungen, die bis heute in den See gelangen, sind vielfältig. Am bedeutsamsten ist sicher die Sedimentfracht der Tiroler Achen, die enorme Mengen an Gebirgsschutt anliefert. Dessen gröbere Anteile finden sich vor allem im Deltabereich, während sich die feinere, tonige Fracht im gesamten Becken ausbreitet. In Ufernähe findet daneben die Bildung von kalkiger Seekreide und natürlich das Wachstum der Moore statt. Daneben darf man aber auch den Beitrag von Schalen bildenden Organismen nicht vergessen. Diese kennen wir sowohl im Großen, etwa Schnecken und Muscheln, als auch im mikroskopischen Maßstab wie etwa die Schalen der Kieselalgen. Schließlich muss man noch Wind und Regen als beständigen Lieferanten für Staub und Pollen nennen.

Sowohl die Zusammensetzung dieses Eintrags als auch ihre Menge ist von zahlreichen Faktoren abhängig, vor allem vom Klima. Temperaturen und Niederschläge haben einen sehr großen Einfluss auf das Sedimentationsgeschehen. Sie steuern zum Beispiel die Flußfracht maßgebend. Ein ausreichend gutes Klima ruft noch einen weiteren Faktor auf den Plan: den Menschen. Er kann durch technische Eingriffe ganze Regionen umgestalten. Tatsächlich wurde der Wasserspiegel des Chiemsees in den letzten Jahrhunderten mehrmals künstlich verändert. Und selbst die bloße Anwesenheit des Menschen kann Spuren hinterlassen. Zunehmende Besiedlung und die damit verbundene Entwaldung und Landwirtschaft beeinflußt etwa Erosionsprozesse und damit das Ablagerungsgeschehen.
Wenn den Chiemgauern nun nicht gerade der Himmel auf den Kopf fällt, laufen diese Prozesse weitestgehend ungestört ab. Daher werden mit den Sedimenten, die sich über die Jahrtausende im See ansammeln, auch Spuren all dieser Ereignisse mit abgelagert. Der Chiemsee und seine Sedimente bergen also ein wertvolles Archiv, das der Geowissenschaftler mit modernen Methoden entschlüsseln kann.

Die einzige Arbeit, die bislang den Versuch unternommen hat, dieses Archiv zu öffnen, wurde von Ricarda Voigt (1996) vorgelegt. Sie beschäftigt sich darin sehr ausführlich mit der Besiedlungs- und Landschaftsgeschichte am Chiemsee. Dazu nutzt sie vor allem Pollen, die in die Sedimente des Chiemsees verfrachtet wurden. Denn die Veränderungen der Pollenzusammensetzung in Seesedimenten ist ein sehr guter Anzeiger für Veränderungen der Vegetation an seinen Ufern. Veränderungen bestimmter Pollen spiegeln nämlich den Wandel der Landschaftsgeschichte wider. So kann man etwa leicht die Häufigkeit von Baumpollen mit der Ausdehnung der Wälder in Einklang bringen. Da sich die Eingriffe des Menschen im Landschaftsbild besonders bemerkbar machen, können Pollen auch als Besiedlungsanzeiger dienen. Es ist ja leicht verständlich, dass etwa ein erhöhtes Vorkommen von Getreidepollen und ein gleichzeitiger Rückgang von Baumpollen für viel Ackerbau sprechen. Um die Entwicklung der Besiedlungsdichte zu rekonstruieren bedient man sich bestimmter Pollenarten, vor allem der Getreidearten, als Indikatoren.

Abb. Zusammenfassung der wichtigsten Pollen aus der Arbeit von Voigt (1999). Neben den Siedlungsanzeigern sind auch die Kurven für Buchen (Fagus) und anderer Indikatoren dargestellt. EMW: Bäume wie Eiche, Linde, Ahorn, Esche und Ulmen. NBP: alle Kräuter; Cerealia sind Getreidesorten.

Für den Chiemsee ist die Datenlage sehr gut, Frau Voigt (1996) konnte hochauflösend zwei Kerne aus den tiefen Bereichen des Sees beproben, die einen Zeitraum von über 12000 Jahren erfassen. Aufgrund ihrer Polenanalysen konnte sie die Landschafts-und Siedlungsentwicklung der Umgebung des Chiemsees sehr genau rekonstruieren:

Erste schwache Hinweise auf Eingriffe des Menschen sind so bereits ca. 3900 v. Chr zu finden, ab ca 2700 v. Chr sind diese deutlicher ausgeprägt und gekennzeichnet durch einen Rückgang der Buchen. Diese erste Besiedlung fand nach 300 Jahren ihr Ende und wurde erst 500 Jahre später, während der Bronzezeit (ca. 1900 v. Chr) wieder aufgenommen. Erst jetzt werden neben Anzeichen einer starken Rodung auch erste Hinweise auf Ackerbau und Weidewirtschaft im Pollenspektrum gefunden. Insgesamt scheint die menschliche Tätigkeit in dieser Zeit noch schwach und noch auf recht uferferne Bereiche beschränkt gewesen zu sein. Sie scheint auch im Lauf der folgenden 300 Jahre deutlich nachgelassen zu haben.
Während der Urnenfelderzeit (ca. 1100 v. Chr) kam es dann zu erheblichen Rodungen der ufernahen Wälder, von denen neben Laub auch Nadelhölzer betroffen waren. Dies spricht für Ansiedelungen von Menschen nun direkt am See. Die Abholzungen trafen nun nicht nur Buchen, sondern auch z.B. Linden, Ahorne und Nadelbäume. Angebaut wurden zu dieser Zeit Gerste und Weizen. Diese Siedlungsphase dauerte gut 300 Jahre bis etwa 800 v. Chr.

Sie werden jetzt aufmerken, denn wir betrachten nun den Zeitraum, für den Rappenglück et al. (2009) die kosmische Katastrophe im Chiemgau postuliert. Tatsächlich läßt in den folgenden 200 Jahren die Besiedelung am Chiemsee etwas nach und ist nur noch spärlich vorhanden.
Dieser markante Rückgang der Siedlungstätigkeit im Zeitraum 800-600v. Chr. ist allerdings nicht regional beschränkt, sondern konnte -zeitgleich- anhand von Pollenuntersuchungen auch an anderen europäischen Seen festgestellt werden (z.B. van Geel et al. 1996, Magny, 2004;Holzhauser et. al. 2005; Gauthier & Herve, 2008). Interessanterweise konnte man für den gleichen Zeitabschnitt an Bohrkernen aus dem Nordatlantik einen deutlichen Trend zu kälteren Temperaturen nachweisen (Bond et al., 2001). In den Alpen konnte zudem zeitgleich ein deutliches Wachstum für den Großen Aletsch-, Gorner- und Grindelwaldgletscher festgestellt werden (Holzhauser et al., 2005).
Es handelt sich bei dem Rückgang der Besiedelung am Chiemsee offensichtlich um die Auswirkung einer deutlichen klimatischen Verschlechterung, die von zahlreichen Untersuchungen aus der nördlichen Hemisphäre nachgewiesen werden konnte. Als naheliegendste Ursache für diese schlechteren Umweltbedingungen gelten heute Schwankungen der Sonnenaktivität (z.B. van Geel, 1996; Bond, 2001; Mauquay, 2008). Die Sonneaktivität kann mit geochemischen Methoden (C14) gut rekonstruiert werden und korrelieren sehr gut mit den beobachteten Schwankungen der Temperatur und Besiedlung.
Vielfach werden von den Mitgliedern des CIRT (Chiemgau Impact Team) ja fehlende Alternativerklärungen für dies und jenes als Argument für ein kosmisches Ereignis angeführt. Für die Befunde aus dem Chiemsee jedenfalls kann man dies ganz lässig abweisen. Die Sedimentkerne zeigen ein lückenloses Erklärungsmodell für die Besiedelungsentwicklung an seinen Ufern und es fehlen jegliche sedimentologische Auffälligkeiten. Deshalb gibt es im Archiv des Chiemsees auch keinen Hinweis auf einen Einschlag - dort oder in der Region - jedweder Art.

PS.:
Hier stößt mir nun wieder die dümmliche Bemerkung der ARTE X:enius Moderatoren "Mei, man müsste halt nur da mal rausfahren und bohren, dann weiss man Bescheid" auf. Ja, genau! Aber wenn die Redaktion nicht in der Lage ist zu recherchieren, dass eine solche Bohrung schon vor 15 Jahren erfolgt ist (Google: Chiemsee Sediment) - dann weiss man halt nicht Bescheid und kann jeden Schmarrn senden.

Literatur:

Bond G, Kramer B, Beer J, Muscheler R, Evans MN, Showers W, Hoffmann S, Lotti-Bond R, Hajdas I & Bonani G. (2001). Persistent solar influence on north Atlantic climate during the Holocene. Science 294: 2130–2136.

Gauthier E & Herve R (2009). Bronze Age at Lake Bourget (NWAlps,France):Vegetation,human
impact and climatic change. Quaternary International, 200,111–119

Holzhauser H, Magny M & Zumbühl H J (2005) Glacier and lake-level variations in west-central Europe over the last 3500 years. The Holocene, 15 (6) pp. 789- 801
Glacier

Magny M (2004). Holocene climate variability as reflectedby mid-European lake-level
fluctuations and its probable impact on prehistoric human settlements. Quaternary International, 113, 65–79

Rappenglück, B.; Ernstson, K.; Mayer, W.; Neumair, A.; Rappenglück, M. A.; Sudhaus, D.; Zeller, K. W. (2009): The Chiemgau Impact: An Extraordinary Case Study for the Question of Holocene Meteorite Impacts and their Cultural Implications. Cosmology Across Cultures ASP Conference Series, Vol. 409, proceedings of the conference held 8-12 September, 2008, at Parque de las Ciencias, Granada, Spain. Edited by José Alberto Rubiño-Martín, Juan Antonio Belmonte, Francisco Prada, and Antxon Alberdi. San Francisco: Astronomical Society of the Pacific, 2009., pp. 338-343

van Geel B, Buurman J & Waterbolk H T(1996) .Archaeological and palaeoecological indications of an abrupt climate change in The Netherlands, and evidence for climatological teleconnections around 2650 BP. JOURNAL OF QUATERNARY SCIENCE (1996) 11 (6) 451-460

DMITRI MAUQUOY,1* DAN YELOFF,2 BAS VAN GEEL,2 DAN J. CHARMAN3 and ANTONY BLUNDELL (2008). Two decadally resolved records from north-west European peat bogs show rapid climate changes associated with solar variability during the mid–late Holocene. JOURNAL OF QUATERNARY SCIENCE 23(8) 745–763