Thursday, May 31, 2012

Donnerlöcher in Kienberg

UPDATEEin neues Donnerloch in Kienberg - eine Doline!

In den letzten Wochen war in der Lokalpresse viel von den Donnerlöchern von Kienberg die Rede. Die Donnerlöcher wurden in einer neuen Publikation von Ernstson et al. vorgestellt, der sie in einen Zusammenhang mit dem Chiemgau Impakt stellt.

Diese, in der Gegend zwischen Kienberg und Trostberg vorkommenden Senken und Gruben, sollen Überreste von plötzlich auftretenden Erdeinbrüchen sein, die in der Vergangenheit Mensch und Tier übel mitgespielt haben. So seien ganze Fuhrwerke verschlungen worden und Kühe hätten sich, beim Grasen überrascht, plötzlich ein Stockwerk tiefer wieder gefunden. Mindestens 88 solcher Donnerlöcher sollen in den letzten 20 Jahren eingestürzt sein. Wirklich? Viele Ortsansässige, die ich befragt habe, wussten jedenfalls nichts von Donnerlochunfällen. Woher kommt das also?

Das sogenannte Chiemgau-Impact-Team (CIRT) interessiert sich schon seit einiger Zeit für das Thema. Auf der Suche nach weiteren Meteoritenkratern wurden sie von den Ortsheimatpflegern von Obing, Kienberg und Pittenhart, auf die Kienberger Donnerlöchern aufmerksam gemacht. Jedenfalls erschien im Oktober 2007 ein Aufruf zur Mithilfe bei der Suche nach Donnerlöchern in den Bürgernachrichten von Obing, Pittenhart und Kienberg. Mit Erfolg offensichtlich, denn es sind danach etwa tausend Donnerlöchern in der Gegend dingfest gemacht worden.

Ernstson et al. behaupten die Donnerlöcher seien Geologen zwar bekannt aber unerklärbar gewesen, ja diese seien geradezu perplex darüber gewesen. Niemand konnte erklären, wie sie entstanden seien. Jetzt bieten die CIRT Mitglieder eine Erklärung an, die gleich drei Katastrophen miteinander verbindet: Den Chiemgau Einschlag, Bodenverflüssigung und die neuzeitlichen Erdeinbrüche.

Demnach soll die Kienberger Gegend nach einem Einschlag im Chiemsee und/oder Tüttensee durch Erdbeben erschüttert worden sein. Durch besondere geologische Umstände (die Anwesenheit einer oberflächennahen, undurchlässigen Nagelfluhplatte sowie eines darunter befindlichen gespannten Grundwasserleiters) konnte es zu Bodenverflüssigung kommen. An einzelnen Schwächezonen sei dann die Nagelfluhplatte gebrochen und Teile davon sowie flüssigkeitsgesättigte tonig-lehmige Sedimente hochgepresst worden. In Ausgrabungen oberhalb der Nagelfluhplatte vorgefundene Nagelfluhblöcke werden als Beleg genannt. Danach hätten langsame Prozesse zur Auswaschung der aufgepressten Sedimente und schließlich zum Einsturz des dadurch entstandenen Hohlraums geführt.

Egal wie man dieses Szenario findet, interessant ist der zugrunde liegende Befund, bei Kienberg käme es häufig zu Einsturzkratern. Ein derart unberechenbarer Untergrund sollte doch irgendwo dokumentiert worden sein. Komisch, dass für die Autoren der wenigen Arbeiten, die es aus der Gegend gibt, die Donnerlöcher kein Thema waren (siehe Doppler, 1978, 1982, Mikulla 1992). Wie erklärt sich, dass die Fachwelt sich bislang noch nicht mit Begeisterung auf dieses Thema gestürzt hat? Warum hat noch niemand etwas unternommen um dieses gefährliche Phänomen zu erklären? Man kann nur hoffen, dass es in Kienberg vielleicht ja doch nicht so schlimm mit den Donnerlöchern ist. Die Kienberger also keine Angst davor haben müssen vom Erdboden verschluckt zu werden.

Es gibt tatsächlich bei Kienberg derlei Senken und manchmal mag es auch zu kleineren Einstürzen gekommen sein. Nur brauchen wir wirklich einen Meteoriteneinschlag um diese zu erklären? Natürlich nicht. Denn es gibt eine Reihe von wesentlich plausibleren Erklärungen etwa dass größere Senken Toteislöcher aus der Rißeiszeit sind, andere langsam durchbrechende geologische Orgeln oder aber schlicht Entnahmestellen für Baumaterial. Verwitterungs- und Entkalkungserscheinungen in Konglomeraten bis hin zu Verkarstungen sind entgegen der Kenntnis von Ernstson et. al. durchaus bekannt und können als Erklärung für etwaige Hohlräume bzw. Einstürze dienen.

Dies ist jedenfalls plausibler als das Impakt-Bodenverflüssigungsszenario von Ernstson et al. Denn auf dem Niveau der von den Autoren durchgeführten Untersuchungen gibt es bei Kienberg keine durchgehende Nagelfluhplatte. Es gibt auch keinen gespannten Grundwasserleiter. Die Grundwasserstände liegen wesentlich tiefer. Daher kann es hier gar nicht zur Bodenverflüssigung gekommen sein. Im Übrigen sollte auch noch mal erwähnt werden, dass es keinerlei Belege für aber gewichtige Argumente gegen einen Einschlag im Chiemsee oder Tüttensee gibt.