Den Daten des Wasserwirtschaftsamtes, das eine Maximaltiefe von 17 Metern angibt, sei nicht zu trauen, da 'Lotungen' von Tauchern eine wesentlich größere Tiefe bis zu 70 Metern ergeben hätten. Außerdem sei auf dem Grund des Tüttensee organisches Material und Baumstämme angereichert, die eine systematische Lotung unmöglich machen würden.
Das ist so nicht richtig. Schon Anfang des 20ten Jahrhunderts hat sich Professor Halbfaß von diesen Widrigkeiten nicht abhalten lassen und den Tüttensee gründlich vermessen. Halbfaß hat von einem Ruderboot aus 153 Lotungen ausgeführt und daraus eine recht gute Tiefenkarte erstellt.
Ende der siebziger Jahre wurde dann begonnen, die bayrischen Seen systematisch neu zu vermessen. Man bediente sich jetzt modernerer Technik, die Tiefen wurden mit elektroakustische Echographen gemessen und die Peilungen der Meßpunkte wurden mit Tachymetern durchgeführt. Die Ergebnisse werden seit 1982 im Verzeichnis der Seen in Bayern veröffentlicht. Die 2.Ergänzungslieferung von 1995 enthielt auch eine neue Tiefenkarte des Tüttensees aus einer Aufnahme im Mai 1988 (Grimminger, 1988):
Wie man sieht, stimmen die beiden Karten recht gut überein. Man muß schon den Hut ziehen angesichts der Ergebnisse, die Halbfaß mit seinen vergleichsweise einfachen Messungen erzielen konnte. Halbfaß konnte 16,2 Meter als Maximaltiefe messen. Die modernen Messungen ergaben dagegen 17,3 Meter. Es gibt keine Berichte von Schwierigkeiten, die während der Lotungen aufgetreten seien. Allerdings berichtet Halbfaß:
"Auch über diesen See, der in seiner Form, worauf mich Dr. Endrös aufmerksam machte, so auffallend an den Heiligen See der Tibeter, den Manasarovar in 4800 m Höhe gelegen, erinnert, wird die bekannte Sage der Unergründlichkeit erzählt [...]"
Mit dieser Unergründlichkeit konnte sich CIRT bislang ja gut arrangieren. So wurden praktisch alle vorliegenden Arbeiten in und um den Tüttensee ignoriert (siehe Gareis..).
Kein Wunder ergab sich so deutlich mehr Spielraum in der Deutung der eigenen Untersuchungen. Für die gravimetrischen Untersuchungen von Ernstson erlaubte die Unkenntnis der Geometrie des Tüttenseebeckens so gewisse Freiheiten. Zu seinen Ergebnissen passte jedenfalls eher eine Tiefe des Tüttensees von 20-30 m.
Es wäre natürlich interessant, wie die Analyse der Gravimetrie ausgefallen wäre, wenn der bekannte Wasserkörper des Tüttensees in die Betrachtungen Ernstsons eingeflossen wäre. Vermutlich etwas anders. Wahrscheinlich würde auch die Einbeziehung anderer Faktoren ein ganz neues Bild ergeben. Etwa die Mächtigkeit der Seetone des Tüttensees - die sich mithilfe der neuen Altersdatierungen unter der Annahme einer konstanten Sedimentationsrate rekonstruieren ließen - oder die Geometrie der Molasse. Das würde allerdings voraussetzen, für einen Moment den Gedanken zuzulassen, dass der Tüttensee gar kein Einschlagskrater ist.
Literatur:
Halbfaß, W. (1928). Lotungsergebnisse in einigen Seen in der Umgegend Seeon nördlich des Chiemsees. Internationale Revue der gesamten Hydrobiologie und Hydrographie, Vol. 21, Issue 2, pp. 208–216
Grimminger, H. (1988). Verzeichnis der Seen in Bayern mit einem Kartenteil, Teil 1 Text u.Teil 2 Karten, 2 Auflage inkl Ergänzungslieferung 1995, Bayerisches Landesamt für Wasserwirtschaft.
Ernstson, K. (2005). Gravimetrische Untersuchungen bei Grabenstätt: Anzeichen für einen Impaktursprung des Tüttensee-Kraters (Chiemgau-Impakt) erhärtet. http://chiemgau-impakt.de/Gravimetrische_untersuchungen.pdf
No comments:
Post a Comment