In meinem letzten Blog zum Tüttensee habe ich angemerkt, dass Kenntnisse zum Molasseuntergrund der Tüttenseegegend zur Interpretation der Gravimetriedaten Ernstsons (2005) beitragen können. Jetzt habe ich tatsächlich eine Karte der abgedeckten Molasseoberfläche der Chiemseegegend entdeckt.
Diese befindet sich im Anhang der Doktorarbeit von Papadeas (1972), auf die ich im hiesigen Bibliothekskatalog gestoßen bin (Stichwort: Chiemsee). Papadeas hat in den siebziger Jahren zahlreiche Bohrungen für seine hydrogeologische Doktorarbeit ausgewertet. Sie dienten ihm zur Rekonstruktion der Lage der Molasseschichten, die er als Höhenlinienkarte darstellt. Zur Anschauung habe ich diese Karte mit Google Maps auf ein Satellitenbild gelegt:
Die Sedimente der Molasse sind terrestrische oder flachmarine Ablagerungen aus der Spätphase der alpinen Gebirgsbildung. Sie wurden im Tertiär, also vor Beginn der jüngsten Eiszeiten, abgelagert und sind heute ein wichtiger Grundwasserstauer. Die Karte zeigt die Höhenlage (in Metern über NN) der Molasse unterhalb der eis- und zwischeneiszeitlichen Deckschichten. Die schraffierten Flächen weisen den heutigen Ausbiss der Molasse an der Oberfläche aus.
Man sieht, dass die Molasseobergrenze im südlichen Bereich relativ hoch liegt und an einigen Stellen sogar bis an die heutige Oberfläche reicht. Dagegen verläuft sie weiter nördlich deutlich tiefer. Hier fällt sofort eine ausgeprägte bogenförmige Senke auf, die zunächst von Süden nach Norden verläuft, etwa bei Grabenstätt nach Osten abknickt und von dort in eine tiefe, nach Osten gerichtete Rinne übergeht. Das östlichste Ende dieser Rinne verbreitert sich dort leicht zu einer Senke mit zwei Ausbuchtungen in Richtung Nordost und Südost. Ich werde diese im Folgenden als Tüttensee-Molassesenke bezeichnen, denn an der Stelle dieser Senke liegt -scheinbar wie eingebettet- heute der Tüttensee.
In Bezug auf die gravimetrischen Messungen durch Ernstson bestätigen die Befunde von Papadeas die von Ernstson beschriebene rinnenförmige Struktur (Grabenstätt-Rinne). Allerdings hat er diese Rinne als sog. Regionalfeld nur als Hintergrundsignal betrachtet. In dieser Logik isoliert Ernstson nun ein rinnenförmiges Regionalfeld und subtrahiert es anschließend vom gravimetrisch gemessenen Feld. Dadurch wird das Feld der Tüttensee-Molassesenke überproportional stark gewichtet und es zeigt sich eine ringförmige Schwereanomalie (siehe Ernstson Abb. 7).
Betrachtet man hingegen die Form der von Papadeas rekonstruierten Molassesrinne und der Tüttensee-Molassesenke, ergeben sich verblüffende Übereinstimmungen mit dem Bild, das Ernstsons gravimetrischen Messungen zeigen. Die Grabenstätt-Rinne ist keine unabhängige Struktur, vielmehr setzt sie sich unter dem Tüttensee fort. Eine naheliegende Erklärung für das gravimetrischen Bild wäre daher, dass sich in seinen Messungen der Molasseuntergrund durchpaust.
Literatur:
Ernstson, Kord (2005). Gravimetrische Untersuchungen bei Grabenstätt: Anzeichen für einen Impaktursprung des Tüttensee-Kraters (Chiemgau-Impakt) erhärtet. rn:nbn:de:101:1-2010051611
Papadeas, G. (1972). Hydrogeologie und Hydrochemie des Chiemsee-Traun-Gebietes mit quartärgeologischen Spezialuntersuchungen. Technische Universität München. 119 pp.
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