Monday, February 28, 2011

Die Phaeton Debatte in der vorläufig letzten Runde

In der März Ausgabe von ANTIQUITY sind jetzt die Erwiderung von Doppler et al (2011) und die Verteidigung darauf von Rappenglück et al. (2011) erschienen. Dies ist wohl aus ANTIQUITY Sicht der vorläufige Abschluss der Debatte um die These der Verknüpfung des Chiemgau Impaktes mit dem Phaeton Mythos.

Doppler et. al (2011) führen unter anderem, die neuen Datierungen des LfG als Beweis für eine wesentlich frühere Entstehung des Tüttensees an. Dem entgegnen Rappenglück et. al. (2011) mit der bekannten Erklärung die Bohrlokation wäre ungeeignet.
Demnach hätten die Trümmermassen nach dem Einschlag diese Stelle zunächst überflogen und wären als Voräufer des jetzigen Walls abgelagert worden. Neu ist jetzt, dass anschliessend dies Auswurfmaterial wieder in den Krater abgerutscht sei und dann erst die Bohrstelle wieder freigelegt hätte. Sehr seltsam...

Gerhard Doppler, Erwin Geiss, Ernst Kroemer & Robert Traid (2011): Response to ‘The fall of Phaethon: a Greco-Roman geomyth preserves the memory of a meteorite impact in Bavaria (south-east Germany)’ by Rappenglück et al. (Antiquity 84). ANTIQUITY 85 (2011): 274–277

Barbara Rappenglück, Michael A. Rappenglück, Kord Ernstson, Werner Mayer, Andreas Neumair, Dirk Sudhaus & Ioannis Liritzis (2011): Reply to Doppler et al. ‘Response to “The fall of Phaethon: a Greco-Roman geomyth preserves the memory of a meteorite impact in Bavaria (south-east Germany) (Antiquity 84)”’
Barbara Rappenglück1,∗, Michael A. Rappenglück, Kord Ernstson. ANTIQUITY 85 (2011): 278–280

Monday, February 14, 2011

Haben Hirnsteine telepathische Fähigkeiten?

Auf den CIRT Seiten findet man diesen Kommentar zu den Furchensteinen vom Chiemsee (den Hirnsteinen), den zu kommentieren ich mir bislang verkniffen habe:
"Sollte dieses prägnante Furchenmuster tatsächlich durch Organismen wie Bakterien oder Algen erzeugt worden sein, müssten diese eine sehr gut organisierte Gemeinschaft mit exzellenter Kommunikation gehabt haben, um eine derart systematisch konstruierte Skulptur über den großen Stein verteilt zu erzeugen."
Gerade lese ich aber, dass Hans in seinem Furchenstein Blog Bilder von echten Furchensteinen vom Bodensee zeigt. Merci Hans!

Jetzt frage ich mich aber was das im Sinne von CIRT bedeuten mag:

Da derart komplizierte Muster ja nur mithilfe exzellenter Kommunikationsfähigkeit der beteiligten Organsimen möglich sind, müssten diese ja dann quasi telepathischen Kontakt mit den Verwandten vom Chiemsee hergestellt haben!
Nein das ist zu unwahrscheinlich, also muss man wohl davon ausgehen, dass die Furchensteine vom Bodensee auch kosmischen Ursprungs sind?

Friday, February 11, 2011

Ein falscher Furchenstein

UPDATE:
Mittlerweile wurde die Abbildung des Schneckensteins von der chiemgau-impakt Seite entfernt und durch eine andere ersetzt. Offensichtlich handelt es sich bei der neuen Abbildung um eine Aufnahme desselben Handstücks bei sehr schräger Beleuchtung. Vielleicht sollte CIRT statt derlei Spielchen einen Dünnschlif anfertigen.
Fast wäre meiner Aufmerksamkeit ein neuer Furchenstein, den die Leute vom CIRT auf ihrer Homepage präsentieren, entgangen. Sie behaupten nun erstmals einen Furchenstein im Chiemsee gefunden zu haben, der kein Kalkstein ist, sondern ein "silikatisches Gestein in Form eines Sandsteins". Dasselbe Fundstück wird auch in einem bei scribd abgelegtem Papier beschrieben und kann hier besichtigt werden:

(die Abbildung wurde mittlerweile entfernt)

Der anonyme Autor meint hier nun eine typisch regmaglyptische Skulptur zu erkennen. Und tatsächlich folgt der Fund keinem der bislang vorgelegten Furchensteinmuster. Zum einen wäre es tatsächlich ungewöhnlich, Furchen auf einem silikatischen Sandstein zu finden, sind diese Phänomene doch eigentlich auf Karbonate beschränkt. Zum Anderen ist die Ausprägung der Skulptur recht ungewöhnlich. Die abgebildeten Mulden und Gruben sind untypisch für Furchensteine, sie sind eigentlich zu groß und auffällig kreisförmig. Unsere Messungen (Huber & Götz, 2010) an Chiemsee-Furchensteinen ergaben einen engen Breitenbereich von etwa 3-10mm für die Furchen. Die Gruben auf dem neu vorgelegten Sandstein sind mit ihren 1-3 cm jedoch durchweg deutlich breiter. Zur Verdeutlichung habe ich das Handstück und die wesentlichen Strukturen hier als Skizze beigelegt.

Auffällig ist auch die häufig lineare Anordnung der Gruben. Besonders markant ist hierbei eine zentrale keilförmige Struktur, die sich von der Basis bis zur Spitze von >3 cm auf bis <1 cm verjüngt. Diese Struktur setzt sich aus einer Reihe von sich überlappenden Gruben zusammen, deren Schnittlinien gut erkennbar sind. Bei näherer Betrachtung findet man zudem zwei gut erkennbare, dünne, helle Linien (in der Skizze in Rot). Eine davon begleitet den gesamten linken Rand dieser Struktur, eine weitere deutet sich am rechten oberen Rand an und setzt sich deutlicher am rechten unteren Rand fort. Hier sieht man auch eine scherbenartige Kante, die ein wenig aus der Matrix herausragt. Ein Schalenrest!

Damit erklärt sich auch die zentrale keilförmige Struktur. Sie ist wohl der Abdruck einer größeren, turmförmigen Schnecke. Die einzelnen Mulden entsprechen den Abdrücken von ausgeprägt konvexen Windungen der Schneckenschale. Infrage dafür kommen etwa Vertreter der Turritelliden (Turmschnecken). Moderne Arten dieser Familie, wie etwa Turritella terebra, werden bis zu 17 cm lang. Fossil sind Turritelliden aus Gesteinen der nahen voralpinen Molasse bekannt, es ist also leicht vorstellbar, wie das Handstück in den Chiemsee gelangte.

Die Gruben auf dem vorgelegten Handstück sind demnach weder als cyanobakterielle Phänomene noch als temperaturinduzierte Ablationserscheinungen oder Regmaglypten zu deuten. Vielmehr handelt es sich um verwitterte Überreste von Fossilabdrücken auf einer Sandsteinplatte.

Wednesday, February 2, 2011

Pechsieder, Kalkbrenner, Pottaschenbrenner und andere Grubengräber

Hauptgrund für die Impakthypothese waren ursprünglich die Funde auffälliger, kreisförmiger Vertiefungen im Öttinger Forst. Ein Kritikpunkt an dieser Deutung war jedoch bald die laxe Überprüfung alternativer, anthropogener (von Menschen..) Ursachen für diese Strukturen. So wurden durchaus vorhandene Hinweise auf archäologische Strukturen innerhalb einer dieser Vertiefungen oder die Nutzung als Kalkbrenngruben einer anderen von Fehr et al. (2005) ohne weitere Überprüfung als Sekundärnutzung abgetan.

Nun ist diese Gegend aber seit Langem für zahlreiche archäologische Bodendenkmäler bekannt. Das bayrische Landesamt für Denkmalpflege verzeichnet etwa bei Emmerting ein großes Brandgräberfeld. (Es ist also sicher kein Zufall, dass die Geschichte an diesem, für Sondengänger so attraktiven, Ort ihren Anfang nahm) Gut dokumentiert ist auch die intensive wirtschaftliche Nutzung der dortigen Wälder in den vergangenen Jahrhunderten. Eine ganze Reihe von Berufen gab den Menschen dort ihr Auskommen: Pechsieder, Pottaschenbrenner, Lohmüller, Köhler, Seifensieder etc. und natürlich die Kalkbrenner. Die Härten des Alltags dieser Leute beschreibt Weineberger (2001) eindringlich. Wie man unschwer den Berufsbezeichnungen entnehmen kann, ist nicht nur für Kalkbrenner die Erzeugung von hohen Temperaturen notwendig. Diese wurden ja durch die Funde von verglasten Geröllen nachgewiesen und dienen als wichtiges Argument von Impaktfreunden. Sie sind aber natürlich kein exklusives Merkmal von Meteoriteneinschlägen. Beim Kalkbrennen sind durchaus Temperaturen von > 1000°C experimentell von Sölter (1970) und Uschmann (2006) nachgewiesen worden.

Die primitivsten Vorrichtungen zur Ausübung einiger dieser Berufe wie Kalkbrenner oder Pottaschebrenner sind einfache Gruben. So gibt zum Beispiel Joendel (1826) folgende Anleitung fürs Pottaschebrennen:


Die bei Weitem größte Zahl der vom CIRT angeführten "Krater" zeigt auffällig kleine Durchmesser von unter 7 Metern. Uschmann (2006) zeigt in seinen Untersuchungen, dass die Durchmesser von Kalkbrenngruben zwischen 1-5 Metern am häufigsten zu messen sind. Die Dimensionen stimmen also sehr gut überein.

Kalkbrenngruben und andere waldwirtschaftliche Gruben für Pechsieder oder Pottaschesieder etc. sind also für die vorgefundenen kreisförmigen Vertiefungen eine naheliegende Erklärung. Sie können auch für die häufig gefundenen Glaskrusten oder verbackene, ziegelharte Horizonte als Erklärung dienen. Angeschmolzene Artefakte dürften aus Brandgräbern dieser Gegend stammen. Es ist jedenfalls nicht zulässig, ohne weitergehende Untersuchungen anthropogene Ursachen von vornherein auszuschließen.

Literatur:

Joedel (1828): Die landwirthschaftliche Baukunst.
Sölter, W. (1970): Römische Kalkbrenner im Rheinland
Fehr et. al. (2005)
Uschmann, K-U (2006) : Kalkbrennöfen der Eisen- und römischen Kaiserzeit zwischen Weser und Weichsel