Sunday, October 25, 2009

Haben die 'Krater' des sogenannten Streufelds eine gemeinsame Ursache?

Um für eine Vielzahl auffälliger Geländeformen ein einziges, gemeinsames Ereignis verantwortlich zu machen, müssen diese natürlich auch zur selben Zeit entstanden sein. Eigentlich eine triviale Erkenntnis. Um die mehr als 80 Geländeformen also auf einen 'Chiemgau Impact' zurückzuführen, sollte man also versuchen eine möglichst exakte Alterdatierung an möglichst vielen 'Kratern' zu durchzuführen.

Das CIRT (Chiemgau Impact Research Team) hat hierzu bereits auch erhebliche Anstrengungen unternommen. Nachdem sie sich bereits im Astronomy Artikel aufgrund archäologischer Funde grundsätzlich auf die Keltenzeit als Einschlagszeitpunkt festgelegt hatten, legen nun Rappenglück et al. (2009) in einem Konferenzbeitrag unter anderem auch absolute Zeitbestimmungen vor und unternehmen den Versuch einer näheren zeitlichen Zuordnung des postulierten Ereignisses. Hierbei werden wie bereits erwähnt absoluten Datierungen, sowie archäologische Befunde vorgelegt, aber auch Ausflüge in die Welt der Mythen unternommen. Ich möchte hier zunächst die ersten beiden Methodiken näher betrachten, anhand derer Altersbestimmungen an 3 verschiedenen Fundorten gemacht wurden:



Altersdatierungen für den Chiemgau Impact auf einer größeren Karte anzeigen
  • Tüttensee:
    • Eine absolute Altersdatierung an einem in die sogenannte Brekzie eingelagertem Holzstück ergab ein Alter von 2900 v. Chr.
    • Tonscherben aus der sogenannten Ejektalage werden auf ein Alter von ca. 1300 v. Chr. geschätzt
    • Artefakte die am Rand des Tüttensees gefunden wurden werden auf ein Alter von ca. 300 v. Chr. geschätzt.
  • Krater 005
    • Eine absolute Altersdatierung an einem Holzkohlestück aus dem Grunde des ‚Kraters’ ergab ein Alter von 200 n. Chr. (Obwohl das Zitat fehlt beziehen sich diese Angaben wohl auf die Arbeit von Fehr et al. (2005) die ein Alter dieses Kraters von vor 134-200 n Chr. angeben.)
  • Stöttham
    • Scherben aus der sog. Impaktlage werden auf ein Alter von ca. 700-500 v.Chr. geschätzt
    • Eine römische Pflasterung über der sog. Impaktlage wurde ca. 100-200 n. Chr. geschätzt
Zusammenfassend zeigen Rappenglück et al. (2009), dass die Funde am Tüttensee den Zeitraum von 2900 v Chr. bis etwa 300 v. Chr umfassen. Das dort am besten belastbare Alter ist die absolute Datierung von 2900 v. Chr. Die Altersbestimmung am Krater 005 ergab ein wesentlich jüngeres Alter um 200 n. Chr. In Stöttham konnte man das Alter der sogenannten Ejektalage zwischen 700 v. Chr und 200 n. Chr einordnen.

Statt nun diese sehr stark voneinander abweichenden Altersbestimmungen der einzelnen Lokationen differenziert zu betrachten, werfen Rappenglück et al. kurzerhand alle Zahlen in einen Topf, ignorieren die absoluten Datierungen am Tüttensee und Krater 5 und konstruieren daraus ein Alter des sogenannten Chiemgau Impact das zwischen 1300 v. Chr und 300 v. Chr. liegen soll. Die Autoren gehen noch einen Schritt weiter und nehmen Bezug auf die Welt der Mythen (Phaeton) um eine genauere zeitliche Einstufung des postulierten Ereignisses zwischen 700-300 v Chr. vornehmen zu können.

Diese Vorgehensweise ist natürlich -gelinde gesagt- äußerst kreativ. Bei unvoreingenommener Betrachtungsweise müßte man angesichts der Einzelbefunde vielmehr stutzig werden. Die absoluten Altersbestimmungen vom Tüttensee und Krater 005 liegen doch über 3000 Jahre auseinander. Selbst die Datierungen aufgrund archäologischer Funde innerhalb der sog. Ejektalagen von Stöttham und Tüttensee liegen noch mehrere Jahrhunderte auseinander. Und das Alter des Kraters 005 passt so ganz und gar nicht ins Bild.

Wenn die Autoren Ihrer Methodik noch trauen, müßten sie nun wohl in Betracht ziehen, daß die untersuchten Geländeformen womöglich gar nichts miteinander zu tun haben. Um eine gemeinsame Ursache bzw. Entstehungsgeschichte dieser Geländeformen postulieren zu können braucht man jedenfalls eine deutlich bessere Datenlage. Der sogenannte Krater 005 und der Tüttensee können aufgrund der von Rappenglück et al. (2009) und Fehr et al. (2005) nachgewiesenen unterschiedlichen Alter unmöglich eine gemeinsame Ursache haben.


Literatur:


Rappenglück, B.; Ernstson, K.; Mayer, W.; Neumair, A.; Rappenglück, M. A.; Sudhaus, D.; Zeller, K. W. (2009): The Chiemgau Impact: An Extraordinary Case Study for the Question of Holocene Meteorite Impacts and their Cultural Implications. Cosmology Across Cultures ASP Conference Series, Vol. 409, proceedings of the conference held 8-12 September, 2008, at Parque de las Ciencias, Granada, Spain. Edited by José Alberto Rubiño-Martín, Juan Antonio Belmonte, Francisco Prada, and Antxon Alberdi. San Francisco: Astronomical Society of the Pacific, 2009., pp. 338-343

Fehr, K. T.; Pohl, J; Mayer, W.; Hochleitner, R.; Fassbinder, J..r.g.; Geiss, E.; Kerscher, H. (2005): A meteorite impact crater field in eastern Bavaria? A preliminary report. Meteoritics & Planetary Science, Volume 40, Issue 2, pp. 187-194

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